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06.02.2024

Mit der Gestaltung etwas Gutes leisten

Mit der Gestaltung etwas Gutes leisten Foto: Scharf

Gebärdensprache ist aktive Inklusion – aber recht komplex. Anke Westphal hat eine einfachere Alternative entwickelt.

Mit den Händen die Welt verbinden – so untertitelt Anke Westphal ihre Bachelor-Thesis Connect, die die Kommunikationsdesignerin an der HTWG Konstanz erstellt hat.

Connect ist ein System, das Gebärden in Texte übersetzt und dabei hilft, dass Menschen nicht die ganze Gebärdensprache erlernen müssen. Anke Westphal hat dies alles in einem klug strukturierten und klar gestalteten Buch komprimiert.

Für diese Arbeit erhielt Anke Westphal einen der begehrten Mia Seeger Preise des Jahres 2023.

 

Im Anschluss an die Prämierung sprachen wir mit Anke Westphal.

 

Details des Konzeptes Connect gibt es hier.

 

 

Die HTWG Konstanz war bislang noch nie beim Mia Seeger Preis vertreten. Wie hast du vom Preis erfahren?

Über eine sehr gute Freundin, die ebenfalls ein gesellschaftlich relevantes Thema in ihrer Abschlussarbeit behandelte. Sie wurde auf der Werkschau von jemandem angesprochen, der sie ermutigt hat, ihre Arbeit beim Mia Seeger Preis einzureichen. Und sie hat mich mitgezogen!

 

Das war ja erfolgreich. Was bedeutet die Auszeichnung für sich?

Das ist eine riesige Ehre und zugleich extrem ermutigend. Ich habe manchmal den Eindruck, dass viele meiner Kommiliton:innen während des Studiums davon träumen, ‚die Welt zu verbessern‘. Aber mit dem Einstieg ins Berufsleben verändert sich das, denn Kommunikationsdesigner:innen werden benötigt, wenn es um Marketing geht. Dabei spielt es erstmal keine Rolle, ob das jeweilige Unternehmen ‚gute‘ Ziele im Sinn hat. Wir haben gelernt, Unternehmen eine visuelle Stimme zu geben, aber die Inhalte die kommuniziert werden, liegen nicht wirklich in unserer Hand. ‚Connect‘ wiederum hat eigentlich gar nichts mit Marketing oder Umsatz zu tun – dass die Arbeit dennoch so viele positive Rückmeldungen bekommen hat, ist unglaublich ermutigend und motivierend.

 

Was war der Anlass, dich der Gebärdensprache anzunehmen?

Mein Vater hört, schon seit ich denken kann, eher schlecht. Das hat mich dazu angeregt, über Applikationen nachzudenken, die gesprochene Worte in Texte übersetzen lassen. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass es derlei bereits gibt – und, dass das geschriebene Wort für die Gehörlosengemeinschaft nicht immer eine gute Alternative darstellt.

Weil man erst das Problem richtig verstehen muss, bevor man nach Lösungen sucht, habe ich Interviews geführt und schnell festgestellt, dass es eine mögliche gemeinsame Sprache gibt. Beherrschten alle Menschen die Gebärdensprache, könnte man Gehörlose einfach integrieren. 

Aber der Unterschied zwischen ‚keinen‘ und ‚kompletten‘ Gebärdensprachfähigkeiten ist groß. In kleineren Orten wir Konstant gibt es zudem wenige Lehrer:innen. Deshalb bin ich auf die Idee gekommen, einen Zwischenschritt zu schaffen – eine Notation.

 

Hast du das Thema künftig weiter im Blick?

Ich würde total gerne aber daran weiterarbeiten, aber momentan ist leider nicht so richtig Platz dafür. Grundsätzlich spielt es ja auch keine Rolle, ob ‚meine‘ Idee umgesetzt wird, oder eine andere. Hauptsache, die Sichtbarkeit des Themas wird vergrößert. Ich habe lediglich einen Ansatz entwickelt, eine Art Prototyp, den ich alleine auch nur bis zu einem gewissen Grad bewerten kann. Bis dieser Prototyp wirklich marktfähig ist, bräuchte es noch ein paar Runden. Aber wer weiß, vielleicht habe ich im Laufe meines Masterstudiums die Möglichkeit, mich wieder intensiver damit zu beschäftigen. Oder aber andere Fachleute sind interessiert, diesen Ansatz gemeinsam mit mir zu verfolgen – das würde mich freuen! Und dann hätte ich erreicht, was ich mir stets erträumt habe: mit der Gestaltung etwas Gutes leisten. Nichts Kommerzielles, nichts, was der Umwelt oder Menschen schadet, sondern etwas, was die Welt ein Stück verbessert. Und davon habe ich beim Mia Seeger Preis viel gesehen.

 

Hier geht es zur Übersicht aller 2023 ausgezeichneten Projekte – und hier wartet das Doku-Booklet im pdf-Format.