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06.05.2019

Nachgefragt bei … Professor Detlef Rhein

Nachgefragt bei … Professor Detlef Rhein

Warum Studierende der Muthesius Kunsthochschule so erfolgreich beim Mia Seeger Preis sind.

Fast jährlich werden beim Mia Seeger Preis Einreichungen prämiert, die an der Kieler Muthesius Kunsthochschule entstanden sind. Ein Phänomen, für das es gute Gründe gibt. Die erläutert im Interview Professor Detlef Rhein, in Kiel für Methodisches Entwerfen technischer Produkte und den Master-Studiengang Medical Design zuständig ist.

Guten Tag Herr Professor Rhein, wir haben hier eine lange Liste mit Mia Seeger Preisen, die an die Muthesius Kunsthochschule gingen. Weihen Sie uns doch in das Geheimnis dieses Erfolges ein. 
Detlef Rhein: Die entscheidenen Fragen im Design-Studium sind doch: Wo stehe ich mit meinem Anliegen, ist es sinnhaft und hat es Substanz? Ist meine gestalterische Übersetzung auf einem Niveau, das überzeugt? Und: Verfolge ich mein Projekt engagiert und mit Begeisterung? Wir sind bemüht, hierfür einen Rahmen zu schaffen und die Studierenden zu bewegen, offen zu werden und sich dem Vergleich zu stellen. Bei uns spornen sich die Studierenden auch untereinander an. Vielleicht ist so insgesamt eine Haltung entstanden, mutiger zu werden und an Designpreisen teilzunehmen.

Bewerben sich die Studierenden von sich aus oder schieben Sie die Teilnahme aktiv an?
Wir erinnern die Studierenden jedes Jahr an den Termin, das machen wir schon. Mittlerweile hat sich die Fahrt von Kiel aus mit dem Zug oder mit dem gemieteten Kleinbus voller Modelle und Charts auch zu einem Event ganz eigener Art entwickelt, der von Generation zu Generation getragen wird. Da wird viel Zeit investiert und wir unterstützen das auch.


„Für mich ist das Leitmotiv ‚was mehr als einem nützt’ eine der wichtigsten Orientierungen im Design und aktueller denn je“


Die Themen der eingereichten Arbeiten sind ausgesprochen vielfältig –  wie unterstützen Sie die Findung dieser Themen?
Grundsätzlich haben die Studierenden bei uns eine hohe Eigenverantwortung bei der Formulierung ihrer Entwurfsthemen. Was uns in Kiel übergeordnet interessiert, sind Zukunftsperspektiven und Prozesse des immer herausfordernder werdenden Wandels. Was, zum Beispiel, kann Design in komplexen gesellschaftlichen und technologischen Kontexten leisten?
Einerseits sagen wir: Im Design geht es um ein neues Verstehen. Schaue für die Themenfindung nach Fragestellungen, die noch nicht so oft behandelt wurden, die im Verborgenen liegen oder die deutlich machen, dass wir etwas noch nicht richtig verstanden haben. Das kann dann durchaus auch das Thema Mikroarchitekturen für kranke Schweine sein.


Aber wir sagen auch: Es gibt viele relevante Fragestellungen und Projekte im öffentlichen Kontext, also Design für die Zivilgesellschaft. Hier trägt die Frage, welche Formen von Wandel und welche Qualitäten wir uns wünschen. Das Projekt "interactive urban illumination" von Armin Warnecke aus dem Jahr 2018 ist ein aktuelles Beispiel dafür.
Darüberhinaus gibt es im Master das offene Format „Forschung und Design“, mit dem sich die Studierenden ein Forschungsfeld erschließen, das sie interessiert. Dabei nehmen sie auch Kontakt auf mit Institutionen und Menschen, die an diesen Themen arbeiten. Das ist auch journalistisch zu verstehen, da geht es um Wissensaneignung und Wissensvermittlung. Viele der ausgezeichneten Arbeiten, oft auch Abschlussarbeiten, sind in einem dieser Kontexte entstanden.


„Die Fahrt von Kiel mit dem gemieteten Kleinbus voller Modelle und Charts hat sich zu einem Event ganz eigener Art entwickelt."


Was haben Studierende von der Teilnahme am Mia Seeger Preis – außer  einem Preisgeld im Falle eines Gewinns?
Das Preisgeld nicht unerheblich, im Gegenteil, damit kann man etwas machen! Sehr schön finde ich die Publikation, in der die Preisträger und Anerkennungen gezeigt werden. Über die Jahre entsteht so eine Sammlung, man sieht Veränderungen bei den Themen und den Gestaltungen, das ist sehr aufschlussreich für uns Lehrende und die Studierenden.

Es gibt ja inzwischen eine ganze Reihe von Awards für den Design-Nachwuchs. Was macht den Mia Seeger Preis aus?
Die ausdrückliche Betonung der sozialen Perspektive im Entwurf ist der große Unterschied. Für mich ist das Leitmotiv „was mehr als einem nützt“ eine der wichtigsten Orientierungen im Design und aktueller denn je. Wir kommen nicht umhin: Wenn ich entwerfe, trage ich Verantwortung. Nicht als Last, sondern als Inspiration. Man muss sehr genau werden bei der Begründung des Vorhabens und bei der gestalterischen Konkretisierung. Wird das wirklich so funktionieren in den angedachten Zusammenhängen? Der Mia Seeger Preis sticht hier heraus, er ist mit einem klaren Anspruch verbunden.


„Schaue nach Fragestellungen, die noch nicht so oft behandelt wurden, die im Verborgenen liegen oder die deutlich machen, dass wir etwas noch nicht richtig verstanden haben."


Und welchen Benefit zieht eine Hochschule aus der Teilnahme ihrer Studierenden?
Die Perspektive der Teilnahme ist ein Ansporn für die Studierenden. Da entsteht eine Dynamik, auch im Sinne der Aussendarstellung der Hochschule. Die Studierenden bekommen viele Eindrücke, sehen viele andere Projekte, lernen sich hochschulübergreifend kennen und stehen im Austausch. Der Wettbewerb grenzt nicht ab, er verbindet und macht Hochschulen sichtbar, das ist sehr produktiv.

 

Mehr Informationen zur Muthesius Kunsthochschule: www.muthesius-kunsthochschule.de

Fotos: Muthesius Kunsthochschule