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12.10.2022

Es geht immer darum, das Leben der Menschen zu verbessern

Es geht immer darum, das Leben der Menschen zu verbessern Jürgen Gehm

Jürgen Gehm war dabei. Wir sprachen mit dem Juror über die Jurierung und darüber, dass Design und Innovation zusammengehören.

Jürgen Gehm ist Grenzgänger. Er ist Designer und Ökonom, Agile Coach und Führungskraft, Start-up-Gründer und Konzernstratege. Er hat für namhafte Unternehmen mehr als 100 Innovationen von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt entwickelt. In einem internationalen Konzern etablierte er Design Thinking. Heute verantwortet er bei Bosch Power Tools die User Experience und das Design der Elektrowerkzeuge. In seiner Beratertätigkeit unterstützt er Unternehmen dabei, Innovationen im Einklang mit der Marke und den Nutzern zu gestalten. Sein Buch „Design Thinking etablieren“ erscheint Ende des Jahres im Verlag Springer Gabler.

 

Welcher Designaspekt beschäftigt Sie gerade?

Eigentlich sind es drei Bereiche. Mein erster Schwerpunkt ist das Designmanagement bei Bosch Power Tools Home & Garden, das ist die Sparte der Elektrowerkzeuge von Bosch, die vom Akkuschrauber bis zum Rasenmäher reicht. Dabei geht darum, Produkte so zu gestalten, dass die Markenzugehörigkeit erkennbar ist und neue Funktionen aus Nutzersicht zu entwickeln. Zweitens beschäftige ich mich in der Lehre an der Hochschule Aalen mit ähnlichen Fragestellungen. Und drittens bin ich noch selbstständig tätig, in der Entwicklung von Organisationen, Menschen und Produktinnovationen. Mir geht es stets darum, wie Design dazu beitragen kann, dass Organisationen aus sich heraus innovationsfähig werden und bleiben.

 

Wie haben Sie den Weg zur Jury des Mia Seeger Preises gefunden?

Ich wurde angesprochen und habe sofort zugesagt. Schließlich geht es ja auch hier um Innovation, Problemlösungen, Design. Und für mich selbst habe ich die Chance zum Austausch gesehen, also die Blickwinkel der anderen Juror*innen kennenzulernen. Sehr spannend ist zu betrachten, welche gesellschaftlichen Herausforderungen adressiert werden, wie diese aufgegriffen, gelöst und dargestellt werden. Letztlich leistet der Mia Seeger Preis einen Beitrag für die Richtungsentwicklung des Designs. Das ist sehr wichtig. Und der Claim ‚Was mehr als einem nützt‘ gibt ganz zugespitzt wieder, um was es im Design geht. 

 

Was hat Sie besonders begeistert?

Zunächst die Themenbreite der Einreichungen. Dann die intensiven Diskussionen um einzelne Arbeiten und schließlich das Ergebnis der Jurierung. Hier zeigt sich, dass Design viele Facetten hat, dass in Zukunft die Aufgaben eher wachsen und man dieses Designverständnis besser in die Gesellschaft kommunizieren muss. So haben natürlich auch Hochschulen die Aufgabe, ihre Studiengänge kontinuierlich zu transformieren.

 

Wird denn das Design aktuell seiner Innovatorenrolle gerecht?

Design als Innovationstreiber ist wichtiger denn je. Es kann ganz früh Impulse für echte Innovationen liefern, Empathie mit Nutzern aufbauen und frühes Testing einbringen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass Design im Management verankert ist und die Innovatorenrolle auch zugelassen wird.

 

Design soll viele Aspekte – Innovation, Ökologie, Ästhetik und Ökonomie – integrieren. Klappt das?

Ja, denn Design ist eine Querschnittsdisziplin. Eine der wichtigsten Kernkompetenzen von Designer*innen ist, sich schnell sowie effizient in neue Themengebiete einzuarbeiten – und dabei stets die Brücke zu den Nutzer*innen zu schlagen. Wir Designer müssen die Anwälte der Nutzer sein.

 

Wer so gestaltet, hat auch soziale Verantwortung.

Das ist ein inhärentes Merkmal von Design. Letztlich geht es ja immer darum, das Leben der Menschen zu verbessern. Ein zutiefst sozialer Grundansatz also.

 

Welche Skills sollten Designstudierende mit Blick auf Ihre Zukunft unbedingt trainieren?

Bei der Debatte um die gesellschaftliche Verantwortung von Design sollte man dessen Kern nicht aus dem Auge verlieren. Also, wie kann ich die Nutzenden einbeziehen, wie kann man Innovation im Kontext von Nutzer und Marke entwickeln? Und schließlich geht es auch darum, seine Ideen adäquat zu präsentieren, um das Handwerkszeug sozusagen. Wenn ich diesen Kern beherrsche, dann kann ich mein Wissen netzwerkartig erweitern. Unabdingbar ist immer, dass man extrem flexibel bleibt.