Mia Seeger Preis 2020

 

Die Ergebnisse

Alles wie gehabt? Eben nicht! Gerade war der Mia Seeger Preis für 2020 ausgeschrieben, da brach auch schon Corona herein. Die Stiftung verlegte sich aufs Digitale. Einreichungen nur noch online, dann Terminverschiebungen, Datenspeicher wurden installiert, das Jurieren ohne Modelle mit Fernschalte.

Ohne die Hilfe von außen wäre es nicht gegangen. Allen, die sich ins Zeug gelegt haben, sei von Herzen gedankt!

Die Mühe hat sich gelohnt: 115 Anmeldungen aus 33 Hochschulen – so groß war das Interesse noch nie. An die eingereichten Arbeiten hatte die Jury neben den üblichen Qualitätsmaßstäben den des sozialen Nutzens anzulegen.

 

Das Resultat: vier Preise und vier Anerkennungen.

Zu den acht Arbeiten geht es einfach per Scroll nach unten.

 

Die Broschüre zum Preis

Wie immer haben wir alle Arbeiten auch in einer kompakten Broschüre zusammengefasst, die hier als pdf-Download bereit steht. Jetzt herunterladen!

 

Und 2021?

Auch 2021 wird es den Mia Seeger Preis erneut geben. Corona hat Mut gemacht.

 

 

 










Die Jury

Elke Weiser
Designerin (Weiser_Design, Stuttgart) und Mia Seeger Preisträgerin 1993

Stefan Lippert
Designer (UP Designstudio, Stuttgart), Mia Seeger Preisträger 1993 und Stipendiat 1993/94

Prof. Anne Bergner
Designerin, Akademie der Bildenden Künste Stuttgart

Oliver Stotz
Industriedesigner (stotz-design.com, Wuppertal) und Mia Seeger Preisträger 1992

Armin Scharf
Freier Design- und Technikjournalist, Tübingen

Matthis Hamann
Designer (Managing Partner bei Fluid GmbH, München)

Von links nach rechts, nicht im Bild: Matthis Hamman; er war per Video zugeschaltet.

MIA SEEGER PREIS

 

Autonomous Medical Utility Vehicle

AMUV

 

Entwerfer:

Maximilian Holstein

 

 

Studium:

Industrie-Design, Diplom FH

Hochschule Darmstadt

 

Betreuung:

Prof. Tom Philipps

 

 

 

Maximilian Holstein

 

 

 





 

 

Das ist AMUV:

Herr K., gebrechlich und nicht gesund, muss zum Arzt. Vom Dorf in die Stadt schafft er es nicht mehr, nur noch bis zum Gemeindehaus. Dort erwartet ihn das Sprechstunden-Mobil. Zur Tagestour über die Dörfer war das Gefährt nachts in der Zentrale mit den erforderlichen Modulen ausgestattet worden, so dass auch für Herrn K., wenn die Pflegekraft ihn umsorgt, das richtige dabei ist. Bei Bedarf zieht sie den Arzt per Video hinzu. Nachdem alle, die angemeldet waren, behandelt sind und vielleicht noch etwas Zeit für Nachzügler war, geht es weiter zur nächsten Station.

 

DAS SAGT DIE JURY:

Ja, genau, so könnte es gehen, dass eine – auch deutlich aufgefächerte – medizinische Versorgung in die Fläche kommt und mit der Zeit die überlaufene und schlecht erreichbare Landarztpraxis ablöst. Alles richtig gemacht, gut recherchiert und schlüssig bedacht. Es ging ja nicht nur um den Entwurf eines selbstfahrenden Kabinenwagens und dessen höchst zweckmäßiger Inneneinrichtung, sondern auch darum, eine Versorgungsstruktur zu konzipieren, die eine ganze Fahrzeugflotte bereithält und dafür Wartung, Ausrüstung und Logistik braucht.



















AMUV – ready to go.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

AMUV – ready to go

Mia Seeger Preis
 

Ökologischer Sneaker

Fortschreiter

 

Entwerfer:

Ruben Geörge

 

 

Studium:

Produktgestaltung BA, Strategische Gestaltung MA

Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd

 

Betreuung:

Prof. Gabriele N. Reichert

Prof. Gerhard Reichert

 

 

Ruben Geörge

 

DAS IST DER FORTSCHREITER:
 

Fortschritt sieht hier so aus: Der Sneaker ist aus Einzelteilen aufgebaut, ohne Kleber. Nur re- und upgecycelte Materialien kommen in Frage. Schaft und Sohlen sind in rahmengesteckter (nicht: rahmengenähter) Machart verbunden. Abgenutzte Komponenten lassen sich austauschen. Ein verschmutzter Innenschuh kommt einfach in die Waschmaschine. Ausgediente Schuhe werden vollständig zerlegt und ihre Bestandteile dem Recycling zugeführt. Bauart, Austauschbarkeit und die Produktion im 3D-Drucker begünstigen die Individualisierung und damit die Wertschätzung.

Das sagt die Jury:

 

Nichts ist in der Bachelor Thesis ausgelassen, nicht die Erfolgsgeschichte vom Sneaker und nicht das zugehörige Sündenregister, in das sich Industrie, Handel und Kundschaft eingetragen haben. Am Kreislauf der Materialien will der Verfasser mit seinem Reformwerk ansetzen, und der Knoten scheint geplatzt, als er auf die Idee mit der rahmengesteckten Machart kommt. Von da aus erschließt er sich den weiteren Weg zu Langlebigkeit und sortenreiner Zerlegbarkeit und schafft es, dass der Schuh ökologisch weniger drückt und doch unverkennbar Sneaker bleibt.
Respekt!

 

Mia Seeger Preis

 

Digitales Stethoskop

Auvis

 

Entwerferin:

Lara Laddey

 

 

Studium:

Industriedesign (Master Medical Design)

Muthesius Kunsthochschule Kiel

 

Betreuung:

Prof. Detlef Rhein

 

 

 

 

Lara Laddey

Das ist Auvis:

 

Ein Stethoskop ohne Schläuche. Wie soll das gehen? – Im Sensorkopf ist die druckempfindliche Membran durch eine Art Mikrophon ersetzt. Ein kleiner Prozessor stellt sich auf die zu erwartenden Frequenzen ein, verstärkt charakteristische Geräusche, filtert störende heraus und sendet die Daten an den Empfänger im Hörrohr, wo sie klar und deutlich mittels geeigneter Mikro-Lautsprecher ans Ohr der Ärztin dringen. Sie kann jetzt das Gerät in ihrer Hand, ohne durch einen Schlauch inkommodiert zu sein, von Brust oder Rücken des Patienten kurzerhand zu seinem Knie führen.

Das sagt die Jury:

Warum zum Knie? – Die Designerin beruft sich auf eine Pilotstudie, in der herausgefunden worden sei, dass ein gesundes Knie anders knirscht als eines im Frühstadium der Arthrose. Daher das Abhören der Gelenke in die Vorsorge einzubeziehen wäre. Klar, dass sich dann die Zweiteilung des Stethoskops als ganz praktisch erwiese, die diagnostischen Vorteile der Digitalisierung noch gar nicht gerechnet. Indem das neue Stethoskop die Grundgestalt des alten übernimmt, profitiert es von dessen Symbolkraft.

Mia Seeger Preis

Infektionsschutz bei Endemien, Epidemien und Pandemien

 

Entwerferin:

Nadja Skorov

 

 

 

Studium:

Industrial Design, Bachelor of Arts

Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

 

Betreuung:

Prof. Pelin Celik

Prof. Sebastian Feucht

 

 

Nadja Skorov

Das Infektionsschutz-Set:

 

So richtig gut schützen Infektions-Schutzanzüge noch nicht. Der hier vorgeschlagene verbessert vieles. Die wichtigsten Errungenschaften sind eine Gesichtsmaske, in die sich Brille und Mundschutz passgenau einfügen, eine lückenlose Verbindung von Maske und Kapuze, auffällige Markierungen in Orange, die fehlerhaftes Anlegen des Anzugs erschweren, und eine Kühlweste mit Taschen für Cool-Packs. Materialien, Zuschnitte oder Zukaufteile sind auf geringe Kosten für Produktion, Abfall, Verschnitt, Lagerhaltung oder Verfügbarkeit berechnet.

Das sagt die Jury:

Sicherheit geht vor. Dieser Maxime folgt die Designerin im Ganzen und in vielen Details, ohne detailversessen zu sein. Daher ihr Anliegen, den Körper vollständig zu bedecken. Von ihrer Maxime lässt sie sich auch bei Kompromissen leiten. Den Ehrgeiz, alles selber zu zeichnen, hat sie nicht. Lieber kümmert sie sich bei übernommenen Teilen, Handschuhen zum Beispiel, darum, dass der Anschluss zum Overall stimmt. Gelassen nimmt sie eine additive Gestaltung in Kauf. Allein das Farbkonzept – Weiß nach außen, Orange nach innen – stiftet Einheit.

Anerkennung

 

Prothese 2.0

 

Entwerfer:

Lucas Balcilar

 

 

Studium:

Industrial Design, Bachelor of Arts

Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

 

Betreuung:

Prof. Pelin Celik

Prof. Birgit Weller

 

 

 

 

 

 

 

Lucas Balcilar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das ist die Prothese 2.0:

 

Einfach die Hand ausstrecken und zugreifen? Mit den Armprothesen von heute geht es noch nicht. Hier schon. Im Handgelenk sind Kameras eingebaut. Die ihnen hinterlegte KI-Technik erkennt das anvisierte Objekt und wählt den passenden Griff-Typ aus. Ein Muskelzucken und die Hand schließt sich. Sensoren in den Fingern registrieren den Andruck. Deren Daten und die der Handbewegungen geben, zu Vibrationsmuster umgerechnet und an geeignete Muskeln im Stumpf übertragen, dem Träger die Illusion, selber zu greifen. Das Fremdkörpergefühl schwindet.

 

 

 

 

 

 

 

Das sagt die Jury:

 

Für die Handhabung ist ein Schritt weiter gewonnen. Was an Mikroelektronik, Sensorik, Netzwerktechnik und einschlägigen Forschungsergebnissen verfügbar und geeignet erscheint, ist der Prothese mit Gewinn einverleibt, in der Form- und Farbgestalt sichtbar gemacht und zum Teil offengelegt in den Durchbrüchen an Arm, Handrücken und Fingern. Dem technikaffinen Nutzer mag die androide Cyborg-Ästhetik zusagen. Für den, der mit seiner Behinderung eher zurückhaltend umgeht, sind textile Überzüge passend zur übrigen Kleidung konzipiert.

 

Anerkennung

Letzter Abschied

 

Entwerferin:

Lena Jacobi

 

 

Studium:

Industrial Design, Bachelor of Arts

Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

 

Betreuung:

Prof. Sebastian Feucht

Prof. Pelin Celik

 

 

 

 

 

Lena Jacobi

Das ist der Letzte Abschied:

 

Etwas Besseres als ein Plastiksack findet sich allemal, auch im Katastrophenfall: eine Schutzhusse wie diese, aus Tuch, oval zugeschnitten, mit Bändern, Schlaufen und einer kleinen Tasche versehen, darin der Leichnam eingeschlagen wird. Der Verstorbene liegt auf einer Hanfmatte, die Flüssigkeiten absorbiert und mit Pilzsporen zur Zersetzung von Keimen präpariert ist. Bei hoher Infektionsgefahr ist er zusätzlich in eine transparente Schutzfolie aus Bio-Plastik gehüllt. Zum Identifizieren und bei Abschiedszeremonien kann der Kopf frei bleiben.

 

 

 

 

 

 

 

 

Das sagt die Jury:

 

Würde und Pietät prägen den Entwurf. Von muslimischen Leichentüchern abgeleitet, löst er viele Probleme, wie Stoffersparnis, einheitlicher Zuschnitt für alle Körpergrößen, Vorrichtung zum Tragen, Infektionsschutz oder Identifikation. Er zeigt sich neutral gegenüber religiösen Riten und gibt den Hinterbliebenen ihr Recht auf Abschied. Für den Fall überschaubarer Katastrophen ist die Lösung überzeugend – und wertvoll als Aufruf, nicht erst in der Not über Alternativen zum üblichen Sarg aus Holz nachzudenken.

Anerkennung

 

Übungsgerät für Parkinsonkranke

Joi

 

Entwerfer:

Elisabeth Klug

Marius Greiner

 

 

Studium:

Integriertes Produktdesigm (Bachelor)

Hochschule Coburg

 

Betreuung:

Prof. Wolfgang Schabbach

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Marius Greiner

Elisabeth Klug

Das ist Joi:

 

Unter den Bedingungen von Parkinson reicht kein Video, es müsste schon so etwas wie “Joi“ sein: ein interaktives Wandgerät, das zum Üben aufruft, anzeigt, welche Übung dran ist, und die Ausführung kontrolliert. Das Strichmännchen macht die Übung vor. Was Patientin oder Patient nachmachen, registriert die Gestenerkennung. Was sie zeitgleich auf die Wand projiziert sehen, will sie in ihrem Tun bestätigen und bestärken oder sie zur Korrektur anhalten. Aus der Aufzeichnung der Bewegungsdaten erhält das betreuende Personal Aufschlüsse über therapeutische Fortschritte.

Das sagt die Jury:

 

Sensorbasierte Gestenerkennung – was bei Computerspielen geht, könnte auch für die Therapie klappen. An die Stelle von Gesten treten gymnastische Bewegungen, die es digital zu überwachen gilt. In Rücksicht auf die Erkrankung ist die Bedienerführung einfach und unmittelbar verständlich gefasst, desgleichen die bildhafte Rückmeldung. Alle Funktionen sind auf den einen therapeutischen Zweck fokussiert, und doch ist das Spielerische dabei nicht vergessen.

Anerkennung

Autonome Passagierfähren

CAPTin_Kiel

 

Entwerfer:

Simeon Ortmüller

Vincent Steinhart-Besser

Jingyue Chen

Yigang Shen

Tobias Gehrke

 

 

Studium:

Industriedesign (Master)

Muthesius Kunsthochschule Kiel

 

Betreuung:

Prof. Detlef Rhein



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


















Vincent Steinhart-Besser  |  Simeon Ortmüller  |  Jingyue Chen  |  Yigang Shen  |  Tobias Gehrke

 

 

 

 

 

 

 

Das ist CAPTIN KIEL:

 

Im Rahmen von „CAPTin Kiel“ haben die Studenten ein Gestaltungskonzept für sauberen autonomen Fährverkehr auf der Kieler Förde entwickelt. Genau genommen: zwei Konzepte. In vielen Renderings befreiten sie sich von maritimen Klichees wie Ausflugsdampfer oder Schnellboot und fanden – zwischen Pflichtenheft und Sehnsucht nach Außergewöhnlichem – zu zwei neuartigen Typen: „Floating Platform“ und „Passage“. Beide bauen nach Art des Katamarans auf doppelt angelegten Schwimmkörpern auf, die hier mit Wasserstoff betrieben sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

Das sagt die Jury:

 

Zwei ungleiche Schwestern laufen vom Stapel. Die eine macht das Übersetzen über die Förde zu einem unvergesslichen Seh-Erlebnis; die andere will ihren Passagieren eine schwimmende und schützende Brücke sein (daher das Gewölbe). Sehr früh hat damit Design in einem großen Forschungs- und Entwicklungsprojekt zwei grundsätzliche Richtungen vorgezeichnet. Man darf gespannt sein, wie die Kieler sich entscheiden. Am liebsten so, dass, wer nach Kiel kommt, unbedingt mit der neuen Fähre fahren will.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Floating Platform (Interior)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Passage (Modell)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Floating Platform (Modell)

 

Die Broschüre zum Preis

Wie immer haben wir alle Arbeiten auch in einer kompakten Broschüre zusammengefasst, die hier als pdf-Download bereit steht. Jetzt herunterladen!

 

Ansonsten gilt natürlich:

See you in 2021!